Die Liebe Kolumne Edition 2

Wenn die Maus die Katze fängt

Eine bewegte Woche liegt hinter uns. Erst haben wir unseren ersten 3er gegen die Schwäne aus Wales eingefahren, erkämpften einen Punkt im Hexenkessel zu Dortmund und mussten dann am Samstag mit ansehen, wie wir uns selbst demontierten.
Oh Arsenal, I love you! Mit Dir wird es partout nicht langweilig.

Der Trip nach Dortmund war für mich etwas ganz Besonderes. Zwar bin ich aktiver Arsenal-Anhänger seit der 2005/06er Saison, hab es aber noch nie geschafft, ein Spiel live zu verfolgen. Im Februar war ich anwesend, als wir alle Zeuge unserer bis heute anhaltenden Misere wurden. Leider nicht im Wembley. Aber immerhin im wundervollen 12 Pins am Finsbury Park. Ein wahrlich prägendes Erlebnis. Es war mir jedenfalls ein Fest, mit so vielen Arsenal-Liebhabern auf so engem Raum beisammen gestanden zu haben und die Mannschaft nach vorne zu peitschen. Auch wenn der Stimmkampf gegen 63.000 Dortmunder verloren ging. Unsere Away-Boys sind schon ein sehr sympathischer Haufen, die sich durch nichts und niemanden beeindrucken lassen.
Derweil habt ihr mit Sicherheit genug Analysen zum Spiel gelesen oder gehört, weshalb ich nicht noch mal im Detail darauf eingehen möchte. Dortmund war taktisch und spielerisch überlegen. Nicht umsonst habe ich einige Male den Vergleich zu Barca gelesen. Was wir aber an kämpferischer Leistung gezeigt haben, war sehr beeindruckend. Ich habe in meinem bald siebten Jahr als Anhänger noch nie gesehen, dass wir uns so abrackern können. Klar bin ich auch ein Fan der Wengerʻschen Kurzpass-Schule aber wenn mein Team sich so einen Kampf liefert und damit den wahrscheinlich schwierigsten Gegner der Gruppe auswärts einen Punkt abluchst - Chapeau, Arsenal!

Unser defensives Mittelfeld und die Verteidigung hat dicht gehalten. Nehmen wir die ersten 20 Minuten bei der Bewertung mal raus. Schade war nur, dass nichts nach Vorne gegangen ist aber Dortmund hat unsere Offensivbemühungen mit ihrem aggressiven Pressing noch vor der Mittellinie im Keim erstickt. Für die Zukunft wünsche ich mir in solchen Fällen mal einen taktischen Umschwung zum Kick & Rush. Sieht nicht gut aus? Was interessiert mich das, wenn der Ball schlussendlich im Netz zappelt? Das Runde muss ins Eckige - nicht von der linken Strafraumgrenze ins Mittelfeld zurück, zur rechten Strafraumgrenze und wieder zurück. Und das Ganze am besten 5 Minuten lang.Einige Stimmen haben sich über Gervinho und seine Dribblings beschwert. Er sah schon stellenweise unglücklich aus aber im TV kann man klar abstecken, dass er, der situationsbedingt von 3-4 Gegenspielern gestellt wird, nicht immer die Anspielstation hatte. Logisch, dass da ein Spieler freistehen muss. Aber wo waren sie gestanden?

Das Fazit:
Dortmund hat 2 Punkte verloren, wir einen gewonnen.

Danken müssen sie Perisic, der mit seiner überragenden Schusstechnik das vormalig erzwungene Glück in ein Tor ummünzte. Sonst hätten die Dortmunder noch gerne 30 Minuten weiterspielen können ohne was Zählbares auf die Tafel zu bringen. Nichts desto trotz eine enorme Mannschaftsleistung von unseren Jungs. Da haben wohl viele gedacht, dass es wieder aufwärts geht. Beziehungsweise lag die Hoffnung in der Luft, den Blogs, Twitter und den Foren. Man möge meinen, eine derartig ambitionierte Mannschaftsleistung sollte uns wieder auf Kurs bringen. Leider war dem nicht so, wie man gegen Blackburn feststellen durfte. Ein Newcastle Dejavu mit nochschlimmerem Ausgang. Die erste Halbzeit waren wir derart dominant, dass wir eigentlich mit einem Zwei-Drei-Tore-Polster in die Pause hätten gehen müssen. Jetzt kann man Gervinho wiederum ankreiden, dass er ein eigensinniger Spieler ist. Ist er nicht - das hat man im Rückspiel gegen Udinese schon sehen können. Jedoch muss er den Pass auf Robin rüber stecken. Da gibt es keine zwei Meinungen zu.

Mutmaßungen auf Twitter besagen, dass unser Tee mit ermüdenden, konzentrationsmindernden Substanzen angereichert wurde. Ich würde sagen: „Same old Arsenal.“ Traurig aber wahr. Wie oft haben wir uns seit Februar in ähnlicher Manier die Butter vom Brot nehmen lassen? Zu oft. Man kann nun Vermutungen darüber aufstellen, ob die Probleme einzig schlechter Defensivschulungen geschuldet sind, ob Arsene den Bezug zu seinen Spielern verloren hat, ob Pat Rice mehr schreien sollte. Es ist schon erbärmlich, gegen einen zweitklassigen Gegner so einzubrechen. Klar - Blackburn ist ein EPL-Team. Die haben vor dem Spiel ein ganzes Tor geschossen und steckten in einer monströsen Krise. Die Fans forderten gar den Rausschmiss des Trainers. Eigentlich die beste Möglichkeit, sie noch tiefer in die Krise zu schiessen. Aber wir haben ja ein großes Herz für Abstiegsaspiranten. Wir sind derart gönnerhaft, dass wir selbst einem späteren Absteiger unseren Titel schenken.

Es ist ein mentales Problem, was sich bei uns breit gemacht hat. Irgendwie fehlen uns die Siegertypen. In der Formation gegen Blackburn waren zu viele Kopfnicker. Niemand, der den Karren aus dem Dreck ziehen kann. Irgendjemand muss mal gehörig auf den Tisch hauen und die Richtung vorgeben. Im Idealfall besorgt so was der Trainer, aber irgendwie scheint mir Arsene dafür zu nett. Wenn ich dann lesen muss, dass er nach der Manchester-Demontage kein Wort zu den Spielern gesagt hat, zweifle ich doch ein bisschen an seinen psychologischen Qualitäten. Ich glaube, bei vielen sitzt der Schmerz über den verpassten Carling Cup-Erfolg immer noch so tief im Unterbewusstsein, dass man stets Angst vorm Versagen hat. Dadurch schleichen sich Fehler ein. Konzentrationsschwächen. Der ein oder andere fatale Lapsus. Wie kann es denn sein, dass wir unser Spiel gegen Blackburn mit 4 neuen Spielern bestritten haben, die von der letztjährigen Situation nicht betroffen waren und trotzdem die komplette Mannschaft nach der Halbzeit verunsichert ist?

Vielleicht ist es ein mentales Problem, welches ein Fussballtrainer nicht lösen kann. Jürgen Klinsmann hatte in seiner Zeit als Bundestrainer einen eigenen Psychologen im Team. Auch Bundesligaclubs wie Werder Bremen und Hannover beschäftigen geschulte Leute aus eben diesem Bereich. Per Mertesacker müsste demnach hierhin gehend Erfahrungen haben. Unser Psycholge Jacques Crevoisier, den wir nur bei Bedarf hinzuziehen, scheint noch nicht den Hebel gefunden zu haben, der die Spieler mental wieder auf die Spur zurück bringen könnte.

Es bleibt jedoch die Frage, wie wir es in Zukunft handhaben? Was bringt uns zurück in die Spur? So kann es mit Sicherheit nicht weiterlaufen. Das wir in dieser Saison nicht um den Meisterschaftstitel mitspielen würden, müsste jedem spätestens mit Cescʻ Abgang klar gewesen sein. Zumindest unterbewusst. Ist jetzt auch nicht wirklich schlimm. Genug anderes Tafelsilber will gewonnen werden. Es ist nur immens wichtig, dass wir die Kurve möglichst bald bekommen. Sollten wir gegen Bolton noch so einen Bock reißen, wackelt Wengerʻs Stuhl ungemein und die Konsequenz mag ich mir nicht ausmalen. Es braucht jetzt einen 4-5 Spiele Lauf um das Selbstbewusstsein wieder zu stärken und eine Konstante zu kreieren. Eine positive Konstante.
Heute morgen erst habe ich mir die Highlights der Saison 2010/11 angesehen. Wie wir in die Saison gestartet sind, war schon sehr gut. Sowohl in der EPL, CL & im Carling Cup gab es wichtige Siege. Ein 4:1 an der White Hard Lane - was war das für ein Erfolg! Das hätte uns eigentlich noch mehr Auftrieb geben sollen, doch was geschah im kommenden Heimspiel gegen West Bromwich? Ein 2:3 - ein Spiel das wir nie hätten verlieren dürfen. Und wer die letzte Saison verfolgt hat, weiß, dass wir immer wieder solche Einbrüche zu verzeichnen hatten. Ich schätze, es ist ein mentales Problem. Arsene spricht von „Mental Strength“. Ich sage genau das Gegenteil - unserer Mannschaft fehlt der Glauben an sich selbst und die Motivation, gegen schwache Gegner wie Blackburn einfach mal die Konzentration über 90 Minuten beizubehalten.

Hat Manchester United nun die beste Mannschaft der EPL? Nein, haben sie nicht. Das hat man gegen Chelsea sehen können. Wenn Ramirez den Ball am Anfang auf Sturridge durchlässt und der aus 5 Metern einschiebt, nimmt das Spiel einen ganz anderen Verlauf. ManU hat sich auch hier nicht mit Ruhm bekleckert. Der Unterschied ist nur, dass ManU jedem Gegner einfach mit der nötigen Motivation entgegen tritt - 90 Minuten lang. Egal, ob Chelsea oder Bolton. Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass wir die bessere Mannschaft haben als ManU, die besseren Einzelspieler auf jeden Fall. Aber uns fehlt die Motivation in den Situationen, in denen es drauf ankommt. Gegen Barca muss man eine Mannschaft nicht motivieren. Das macht der Name und Status der Katalanen schon alleine.

Aber Newcastle, Blackburn, Swansea & Co. - das sind für uns die wichtigsten Punkte. Wenn man Arsenal gegen Tottenham, Man City, Chelsea, Liverpool & Manchester United motivieren muss, dann hat man ein enormes Problem. Selbstverständlich, dass unsere Spieler hochmotiviert sein müssen. Meiner Auffassung nach ist der Schlüssel zu einer erfolgreichen Saison die Erkenntnis Arseneʻs, dass unsere Mannschaft sowohl ängstlich als auch stellenweise unmotiviert in Spiele geht. Beziehungsweise die Motivation nach 45 Minuten in der Kabine lässt. Die erste Halbzeit gegen Blackburn war ein Manifest dessen, zu was wir fähig sind, wenn wir es drauf ankommen lassen. Gut - eingespielt sind wir auch noch nicht. Gerade in der Defensive als auch im Mittelfeld. Das kommt noch. Doch das psychologische Problem wird bleiben. Deshalb plädiere ich persönlich für eine engere Zusammenarbeit mit einem geschulten, fähigen Psycholgen und einem neuen Defensivcoach. Steve Bould - jemand? Lassen wir mal Keown außen vor. Bould ist schon beim Club. Und laut einstimmiger Meinung ist er mehr als fähig, eine Abwehr zu schulen.

Für mich bleibt Arsene unantastbar momentan. Warum? Weil es in der Saison 2011/12 keinen fähigen Ersatz geben wird. Und was ab Mai passiert, steht auf einem anderen Blatt geschrieben. Lassen wir ihn den Karren, den er in den Dreck gefahren hat, rausziehen. Das hat er verdient. Er hat diesen Verein erst dahin gebracht, wo er jetzt steht. Ihm ist es schließlich zu verdanken, dass wir so erfolgsverwöhnt sind. Ich persönlich nicht, da ich erst mit dem CL-Finale in Paris zu Arsenal gefunden habe und danach haben wir bekanntermaßen nichts gewonnen außer Runner-Ups im Carling Cup.

Come on, Arsenal!
Euer Marc @MateoCorleone

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